Gründer: Claus Gerdes 1899
Übernahme von Hermann Otten ( Neffe ) und Frau Anni
Nach dem Tod 1967 übernimmt Sohn Hermann Otten und Frau Edith die Werkstatt und das Ladengeschäft. Nach dem Tod von Hermann Otten, im November 1996,  übernehmen ab 1.1.1997 die Töchter Gabriele Reich und Christiane Allermann das Geschäft und gründen eine GmbH. Heute ist das Geschäft 123 Jahre alt und wird in der dritten Otten-Generation weitergeführt.

Bericht über uns aus dem Tarmstedter Magazin:

Schuster, bleib bei deinen Leisten!
… und lasse dich an- nicht aufregen

Im Mittelalter gerbte der Schuhmacher das Leder selbst und nähte jedem Fuß einen gleichen Schuh. Rechter Schuh? Linker Schuh? Egal. Tritt sich fest, sagte man sich. Das brave Schuhwerk ergab sich den Tritten seines Trägers. Ich habe da differenziertere Erwartungen, die womöglich ihrem Zeitgeschmack vorauseilen. So wollte ich vor Jahren unbedingt Clogs haben als sie global vernichtet schienen. Inzwischen wieder Trendtreter, brauchte ich damals detektivische Unterstützung, habe sie gefunden und komme gerne wieder ins Schuhhaus Otten …

Eines schönen Tages möchte ich hier eine kleine Geschichte schreiben und darf bis ins Lager, wo in einer Ecke ein Schreibtisch steht und der Blick auf verwaistes Schuhmacherwerkzeug fällt. Eigentlich wollen Christiane Allermann und Gabriele Reich, die Inhaberinnen, kein Aufhebens von sich machen. Aber meinen Wunsch unerhört zu lassen, geht auch nicht. Wir verabreden uns.

Es ist herbstlich geworden und plötzlich herrscht Ansturm auf feste Schuhe. Meine lnterviewpartnerinnen sind wie Gastgeberinnen in ihrem Schuhhaus und für Jeden da. Es ist eine freundliche Zugewandtheit selbst zwischen den einander fremden Kunden zu beobachten. ,.Das ist ja das Schöne!“, nickt man mir zu.

Ich denke an ein Unternehmen, das 123 Jahre alt ist! Die Dampflock qualmt und zuckelt zwischen Tarms und Bremen. Kaiserzeit eben. Ein junger Schuster, Claus Gerdes mit Namen richtet sich in der Poststraße in Tarmstedt seine eigene Werkstatt ein. Heute steht das Haus nicht mehr. Hermann Otten arbeitet bei seinem Onkel Claus mit und wird dessen Betrieb übernehmen. Den Stoff seiner Träume, das Leder, muss er nicht selbst gerben. Die Kundschaft dagegen wohnt reichlich um ihn herum. Er heiratet Anni und gründet eine Familie.
Allerdings, die Industrialisierung droht das Schuhmacherhandwerk mit fertigen Fabrikschuhen zu fluten. Das neumodische Zeug verbreitet sich in Windeseile. Das Maß nehmen und Nähen von Schuhen, die persönliche Kenntnis des Dorfschusters über das bevorzugte Schuhwerk seiner Mitmenschen. deren Vorlieben und verwachsene Zehen, werden immer seltener nachgefragt.
Vereinzelt steckt noch ein alter Nachbar den Kopf in die Werkstatt. inhaliert den würzigen Duft nach Leder und Leim, schließt bedächtig die Türe hinter sich und bestellt sich maßgefertigte Lederschuhe. Er ist über sechzig Jahre alt, deshalb denkt er bei der Anschaffung schon an seinen Sohn, der die Schuhe erben kann …

Allein das Rad der Geschichte dreht den Kalender: Erster Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise, Drittes Reich. Zweiter Weltkrieg, Nachkriegszeit Wirtschaftswunder und neben alledem wagen Hermann und Anni Otten der Schusterwerkstatt einen Schuhverkauf anzugliedern. Es werden Gesellen beschäftigt und ein Schaufenster weckt bei Passanten die Lust auf die Schönheit neuer Schuhe.
Hermann Otten repariert viele fremde Modelle, lernt ihre Beschaffenheit und Schnitte kennen. Das Nageln der Sohlen mit Holzstiften spart Zeit und Geld. Neben der guten alten Wildschweinborste als Nähnadel und den vielen Zwickzangen und Stechwerkzeugen ziehen Ledernähmaschine und Putzmaschine ein.
Inzwischen ist das Schuhhaus Otten am gut einsehbaren Kreuzungsbereich Wilstedter Straße, Bremer Land-und Bahnhofstraße ansässig.
Konfektionsschuhe unterschiedlicher Marken repräsentieren den Zeitgeschmack und sogar einige orthopädische Bedürfnisse. Die spezielle Qualifikation innerhalb des Handwerks bei Ottens setzt dem Modeaspekt den der Gesundheit früh an die Seite.
Die Söhne Hermann jun. und Martin Otten haben in einer Orthopädiewerkstatt in Bremen das Schusterhandwerk gelernt und ihren Meister gemacht. Die Anpassung an das sich wandelnde Wirtschaftsleben gelingt. Doch dann verstirbt 1967 Hermann Otten sen. Während die Brüder die Werkstatt weiterführen, kümmern sich die Witwe Anni Otten und Edith. ihre Schwiegertochter, ums Schuhgeschäft. Der Ladenverkauf ist fester Bestandteil neben der Schusterei geworden und profitiert nicht zuletzt von Edith Ottens kaufmännischer Klugheit. Sie, die nie einen Schuh genäht hat, lenkt schließlich die Geschicke des Schuhhauses mit großer Empathie -bis ihre Töchter, Christiane und Gabriele, sich wieder einfinden, ihr im Laden zunächst helfen kommen und ihr nach und nach die Verantwortung abnehmen. Als Kundin habe ich Edith Otten. die langjährige „Seele“ des Geschäfts, nicht mehr angetroffen, wohl aber deren Atmosphäre.
Seit 2004 ist das Geschäft Mitglied der SABU (Schuh-Verbundsoptimierung und Vernetzung). Schuhmessen neuer Kollektionen, Informationsveranstaltungen und Vorträge finden unter der Schirmherrschaft dieser Vereinigung in verschiedenen Städten sporadisch statt. Für das einzelne Schuhgeschäft erleichtert die Mitgliedschaft die Buchhaltung.

Mir fällt eine geradezu persönliche Handschrift bei der Auswahl der Modelle auf. ,,Oh. ich bin von schnellem Entschluss!“ Gabriele Reich lacht, sie teilt den Spaß mit Christiane Allermann. ,,Es kann durchaus auch einmal völlig daneben. gehen!“, verrät man mir. Passiert aber glücklicherweise sehr selten. Die Qualität der Ware lässt sich haptisch recht sicher beurteilen und deshalb suchen die Schwestern Schuhe und Taschen lieber auf Messen als virtuell aus.
„Mein Vater“, sagt Frau Reich. ,,hat mich bei meinem Ausbildungsweg vorausschauend beraten. Ich habe in Bremen in einem Schuhfachgeschäft für orthopädische Schuhe die administrative Seite des Berufs erlernt. Schon als Lehrmädchen durfte ich zu Messen mit. Ich sammelte berufliche Erfahrung in Bremen und Hannover, wurde Abteilungsleiterin – kam wieder hier her und bin geblieben. Meine Schwester war in einem bekannten Schreibwarengeschäft in Bremen, auch sie hat wichtige Kenntnisse mitgebracht.“
Wenn mich ein Schuh drückt, erledigt man das bei Otten mit einigen versierten Hammerschlägen schnell selbst.
Es gibt noch heute Marken. bei denen eine komplette Sohle durchaus drei Mal ausgetauscht werden kann bevor Futter oder Oberleder den Erhalt nicht mehr rechtfertigen. Materialkunde scheint mit Markenkunde auf immer neue Weise verschwägert fürchte ich, und wer bei der Vielfalt kalte Füße bekommt. wende sich gerne an das Schuhhaus seines Vertrauens.
Beim Thema Nachhaltigkeit rangiert die Langlebigkeit eines Lederschuhs vor der Frage nach seiner Kompostierbarkeit.

Ohnehin ist die Nachverfolgung bei der Schuhanfertigung gar nicht so einfach. Woher sind die Materialien, womit sind sie behandelt worden. wo, wie und von wem verarbeitet? Da überlegt man sich ob man eigentlich noch in Schuhen barfuß gehen sollte. Der Fuß gibt ja nicht nur Schweiß nach unten ab, sondern nimmt umgekehrt allerlei chemische Stoffe auf, die er über die Haut an den Körper weiterleitet.

Fühlt man sich in seinen Schuhen dauerhaft wohl, sind sie bequem zu tragen und zu reinigen. Passen sie zur Lebensweise ihres Trägers, dann erfüllt das erste Voraussetzungen für Fuß-und Enkelwohl. An manchen Füßen fühlen sich übrigens auch Schuhe besonders wohl!
„Was verbindet Sie und Ihre Familie über alle Höhen und Tiefen hinweg mit Ihrem Unternehmen?“. frage ich Frau Reich bevor ich mich verabschiede . .,Ich glaube, es ist die Freude auf jeden Tag, auf das Miteinander mit den Menschen. Viele kennt man. ahnt schon was sie suchen werden und teilt das Glück des Entdeckens. Man kann auch mal besorgt sein und doch spüren. dass diese Gemeinschaft tragen hilft.“ Und da tritt Christiane Allermann hinzu. die wegen meines Besuchs heute länger allein im Laden gestanden hat und stimmt mit in das Fazit ihrer Schwester ein.

Quelle: Tarmstedter Magazin, Text und Foto: Petra Hempel

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